Vor der Loretokapelle

um 1910
Vor der Loretokapelle um 1910

Nach dem Vorbild der „Casa Santa“ – des „heiligen Hauses“ – in Loreto in Mittelitalien wurde 1635/36 die Rosenheimer Loretokapelle im Norden des Marktes nahe der Straße nach Pfaffenhofen errichtet. Stifter der Kapelle war der Gastwirt und Ratsherr Georg Schaur (1579–1652). Dieser war als junger Mann im Jahr 1600 während einer Pilgerreise nach Italien schwer erkrankt und hatte für den Fall seiner Genesung den Bau einer Kirche in Form der „Casa Santa“ von Loreto gelobt. Schaur hatte auch ein Benefizium für die Kapelle gestiftet, einen Kapitalfonds zum Unterhalt eines eigenen Geistlichen. Für diesen Benefiziaten wurde an die Sakristei im Osten der Loretokapelle 1722 ein Wohnhaus angebaut. Die Kapelle war lange ein beliebtes Wallfahrtsziel, woran zahlreiche Votivtafeln erinnern. Von der ursprünglichen Ausstattung im Inneren der Kapelle ist heute u. a. die Marienfigur, erhalten, die später in einen barocken, aus der Nikolauskirche stammenden Altar eingefügt wurde.

Gleichzeitig mit der Loretokapelle errichtete die Rosenheimer Bürgerschaft rund 200 Meter weiter südwestlich eine kleine Kirche zu Ehren der Pestpatrone St. Sebastian, Rochus und Pirmin. Zwischen dem Platz vor dem Wiesentor und den beiden neuen Kirchen pflanzte man Alleen, bald als „Loretoallee“ und „Sebastianiallee“ bezeichnet. Zusammen mit einer Verbindungsallee zwischen beiden Kirchen war dadurch die charakteristische dreieckige Form der sogenannten Loretowiese räumlich definiert worden.

1806 sollte die Loretokapelle in Folge der Säkularisation abgebrochen werden. Auf Bitten der Rosenheimer Bürgerschaft konnte sie jedoch erhalten bleiben. Allerdings mussten an den Längsseiten zwei Fensteröffnungen ins Mauerwerk gebrochen werden, „um der Kapelle den in den Augen der herrschenden Aufklärer ‚abergläubischen‘ Charakter […] zu nehmen“, wie Peter von Bomhard 1954 formulierte. Unmittelbar vor der Loretokapelle wurde 1923 das Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs errichtet.

Text: Karl Mair
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2013/4

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