Rosenheim

um 1912
Blick über Rosenheim nach Südosten um 1912

Um 1912 fotografierte der Besitzer der Wendelstein-Drogerie Josef Riele vermutlich vom Turm der Nikolauskirche den Blick über Rosenheims Dächer nach Südosten. Die seit der Stadterhebung 1864 aufstrebende und seit den 1880er Jahren „boomende" Stadt dehnte sich nun zunehmend auch in diese Richtung aus. Im Vordergrund sieht man die Königstraße mit der 1886 von dem Leipziger Architekten August Hartel geplanten protestantischen Kirche. Vorne am unteren Bildrand ist noch ein Teil des Wohnhauses des Hoflieferanten und Kunstschlossers Peter Wolf zu sehen, das dieser mit seiner Betriebserweiterung 1897 erbaut hatte.
An der Rathausstraße stadtauswärts gegenüber der Königlichen Realschule, dem heutigen Finsterwaldergymnasium, wurden 1906 zwei repräsentative Amtsgebäude erbaut, das Landbauamt und die Sektion für Wildbachverbauung. Wie schon das zwei Jahre früher erbaute Forstamt an der Bahnhofstraße entstand das Landbauamt als villenartiger, von einem Garten umgebener zweigeschossiger Bau, dessen Fassaden mit dem Erkerturm zusammen mit der im ähnlichen Stil erbauten, benachbarten Wildbachverbauungssektion den repräsentativen Charakter der Achse Rathausstraße-Prinzregentenstraße unterstreichen sollten. Beide Gebäude fielen 1945 einem Bombenangriff zum Opfer. Ab 1963 entstand an der Stelle des Landbauamtes der Neubau des Gesundheitsamtes, anstelle der zerstörten Sektion für Wildbachverbauung wurde bereits ab 1949 das neue Landbauamt, heute Sitz des Familiengerichts, erbaut.
Hinter den beiden Gebäuden erkennt man die alte Huber`sche Seilerwarenfabrik. 1850 erhielt der aus dem tirolischen Rattenberg stammende Seiler Josef Huber, der die Rosenheimer Seilerwitwe Monika Gradwohl geheiratet hatte, vom Magistrat die Erlaubnis zum Bau eines Seilereigebäudes samt Wasserrad am Hammerbach. Sechs Jahre später wurde ihm die Konzession zur Errichtung einer Seilerwarenfabrik erteilt, die nach seinem Tod 1874 sein Sohn beziehungsweise seine Enkelsöhne weiterführten. Die Seilerwarenfabrik bestand bis zu ihrer Zerstörung durch die Luftangriffe von 1945. Nach dem Krieg wurde die Seilerei in einer kleineren Halle untergebracht. Auf dem restlichen Gelände eröffnete im Frühjahr 1969 das erste Gartencenter Rosenheims.

Text: Ingeborg Armbrüster
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2005/1

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