Gastspiel des Zirkus Gleich

April 1926
Gastspiel des Zirkus Gleich im April 1926

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert lag die erste Blütezeit der großen europäischen Wanderzirkusse. Auch in Rosenheim war ein Zirkus-Gastspiel stets das alles beherrschende Thema im Stadtleben. Für den 8. April 1926 kündigte der „Rosenheimer Anzeiger“ die Ankunft des Zirkus Gleich am Rosenheimer Bahnhof an: „Der erste der drei Sonderzüge dürfte etwa gegen 3 Uhr ankommen. Die Ausparkierung an der Güterstation wird sich äußerst interessant gestalten, da hierzu vor allem die großen Elefanten des Zirkus mit herangezogen werden.“ Zahlreiche Schaulustige kamen tatsächlich zum Güterbahnhof, um zu bestaunen, wie zwei Elefanten mithalfen, die Zirkuswägen von den Zügen zu ziehen. Der Zirkus schlug sein riesiges, rund 10.000 Menschen fassendes Drei-Manegen-Zelt auf der sogenannten Gabrielwiese nahe der Mangfall unweit der heutigen Briançonstraße auf. 1919 war der Zirkus Gleich von dem Pfälzer Musiker Julius Gleich und seiner Frau Karola gegründet worden. Er gehörte bis Mitte der 1930er Jahre neben Sarrasani und Krone zu den größten europäischen Zirkus-Unternehmen. Der Erfolg des Zirkus Gleich ging auch auf reißerische Reklame zurück: Im „Rosenheimer Anzeiger“ warb man mit den „gewaltigsten Circusschauspielen seit Menschengedenken“ und einer „Tierschau mit ca. 600 Tieren“, darunter 36 Löwen. Vor der Eröffnungsvorstellung am 9. April kam es zu „einer wahren Völkerwanderung“ und „schier nimmer enden wollenden Menschenschlangen“, so die Lokalzeitung, die aus dem rund 40 Nummern umfassenden Programm besonders die Seelöwengruppe, die Pferdedressuren und die akrobatischen Darbietungen hervorhob. Auch in den folgenden Tagen war das Interesse der Bevölkerung von Stadt und Umland an dem Zirkus ungebrochen. Das Rosenheimer Gastspiel des Zirkus dauerte vier Tage. Während Zirkusdirektor Gleich für die Schlussvorstellung am Abend des 12. April noch werbewirksam das vollständige und ungekürzte Programm ankündigte, begannen noch während der Vorstellung die Abbauarbeiten. Am frühen Morgen des 13. April reiste der Zirkus nach Passau weiter. „Heute früh“, schrieb der „Rosenheimer Anzeiger“, „war das ganze ausgedehnte Unternehmen wie ein Spuk vom Erdboden weggeblasen.“

Text: Karl Mair
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2012/5

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