Die „See-Anlage“ des Verschönerungsvereins, um 1892

um 1982
Die „See-Anlage“ des Verschönerungsvereins, um 1892

Am 2. März 1891 trafen sich die Mitglieder des Rosenheimer Verschönerungsvereinszur Generalversammlung im Gasthaus der Pernlohner-Brauerei an der Kaiserstraße.Der Verein konnte damals 20 Jahre nach seiner Gründung auf eine bemerkenswerte Bilanz zurückblicken. An fast allen Hauptstraßen Rosenheims hatte er die Pflanzung von Alleebäumen veranlasst und zudem zahlreiche Spazierwege angelegt. Bei ihrer Versammlung beschlossen die Mitglieder nun ein neues spektakuläres Projekt: Südlich der Städtischen Schwimm- und Badeanstalt wollte man einen Park mit See anlegen, der „im Sommer zur Gondelfahrt, im Winter als Eisbahn für Schlittschuhläufer und Eisschützen nutzbar, auch ein landschaftlicher Schmuck unserer nächsten Umgebung sein soll“. Damals verfügte jeder Park einer europäischen Großstadt über einen derartigen See, der zu verschiedensten Freizeitaktivitäten einlud.
Im Herbst 1891 errichtete der Verschönerungsverein seine „See-Anlage“ nach einer Planung von Stadtbaumeister Georg Mackert. Der See inmitten des Parks war rund 170 Meter lang, bis zu 65 Meter breit und verfügte über eine kleine
Insel. Sein Wasser bezog er aus der unmittelbar vorbeifließenden Kalten. Im Jahr 1900 übernahm die Stadtgemeinde Rosenheim vom Verschönerungsverein den aufwändigen Unterhalt der Anlage. In den folgenden Jahrzehnten blieb das mittlerweile als „Stadtsee“ bezeichnete Gewässer eines der beliebtesten Erholungsziele der Rosenheimer. Um 1930 nahmen die winterlichen Aktivitäten auf dem See mit Eislaufen, Eishockey und Eisstockschießen merklich zu. Als 1957 eine Modernisierung des benachbarten Freibads erfolgte, diskutierte der Stadtrat erstmals, den Stadtsee zugunsten einer Liegewiese für die Badegäste zuzuschütten, zumal eine kostspielige Erneuerung der Schleusenanlage für die Wasserzufuhranstand. „Lassen wir doch endlich den Mückenweiher einfüllen“, forderte Stadtrat Sepp Heindl in einer Sitzung. Nach Protesten durch den Verein „Die Naturfreunde“ und mittels Leserbriefen im „Oberbayerischen Volksblatt“ ließ man den Stadtsee zunächst bestehen. Noch im Winter 1959/60 zählte man insgesamt rund 17.000 Besucher zum Schlittschuhlaufen auf dem See. Nachdem 1961 ein Kunsteisstadion  in Rosenheim errichtet worden war, verlor der Stadtsee jedoch seine Bedeutung für den Wintersport. Im Frühjahr 1965 gab man ihn schließlich zugunsten einer Liegewiese für das Freibad auf.
Das Kalenderbild entstand wohl kurz nach der Entstehung des Sees und zeigt Bürger in den hier ausleihbaren Ruderbooten. Im Hintergrund ist das ehemalige Bahnwärterhaus am 1876 aufgelassenen Bahndamm nahe der heutigen  Innsbrucker Straße zu sehen.

Text: Karl Mair
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2018/3

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