Bildende Kunst und Bau der Galerie

Die Stadt Rosenheim verdankt ihre Galerie der Max-Bram-Stifung, einer Gemäldesammlung aus dem Bereich der „Münchner Schule". Der Lehrer und Kunstsammler Max Bram, der in Rosenheim die Präpa-randenschule besucht hatte, stiftete seine zumeist in München gesammelten Bilder am 24. Oktober 1904 der Stadt Rosenheim.1) Bedingung war die Einrichtung eines Ausstellungsgebäudes für diese Sammlung. Erste Galerie wurde die ehemalige Michaelskapelle, die sich als Ausstellungsraum bald als zu klein erwies, zumal die Stadt durch den Stiftungsvertrag verpflichtet war, die Max-Bram-Sammlung durch laufende Ankäufe zu erweitern. So tauchte allmählich der Plan eines neuen Galeriegebäudes auf.
Am 23. Mai 1935 feierte Max Bram seinen 80. Geburtstag. Der Maler Emil Thoma stellte die Jubiläums-ausstellung der Ankäufe zwischen 1929 und 1935 zusammen. Wiederholt hatte Bram die Stadt gedrängt, das versprochene Galeriegebäude endlich zu erstellen. Er trug sich sogar mit dem Gedanken, seine Stiftung rückgängig zu machen und sie einer anderen Stadt anzubieten.
Hand in Hand mit der Max-Bram-Stiftung ging die Entwicklung des Rosenheimer Kunstvereins, der damals eher eine Vereinigung von Förderern der Kunst war, die Ausstellungen in Schulgebäuden und im Rathaussaal organisierten. Diese Ausstellungen zeigten in der Regel zeitgenössische Kunst konservativer Prägung, während sich die Stadt auf Ausstellungen der Max-Bram-Stiftung und der Neuerwerbungen beschränkte.
Die Geschichte des Rosenheimer Galeriegebäudes ist eng mit dem Kunstverein verbunden, gleichzeitig mit seinen Wandlungen, gerade im Dritten Reich. Im Protokollbuch des Kunstvereins sind Sitzungen, Vorbereitungen von Ausstellungen, Lob und Protest gegen die Auswahl festgehalten.2) In Rosenheim stand die Bildende Kunst in der Tradition der Münchner Schule, also ähnlich der Max-Bram-Stiftung. Es gab naturalistische, realistische, allenfalls noch impressionistische Kunst mit gelegentlich expressiven Ausbrüchen, die aber in der Regel schnell auf Kritik stießen (Kerschbaumer). „Entartete" Künstler gab es in Rosenheim nicht.
Auseinandersetzungen der Künstler, wer ausgestellt werden könnte und wer nicht, kennzeichnen das Protokoll der Kunstvereinssitzung vom 27. Februar 1934, in der ein Mitglied scharfe Angriffe gegen die Vorstandschaft richtete, weil nicht die richtigen einheimischen Künstler berücksichtigt worden seien. Welche Künstler damit gemeint waren, ist aus dem Protokoll nicht ersichtlich. Aber diese Angriffe mußten auch einen anderen, einen politischen Hintergrund haben, denn in der Versammlung vom 11. Juli 1934 legten der bisherige 1. Vorstand, Dr. Hans Faußner, und sein Stellvertreter, Rechtsanwalt Weisenberger, ihre Ämter nieder. Anschließend wurde eine Satzungsänderung beschlossen, die den Kunstverein zum Mitglied der Reichskulturkammer machte. Der Bund deutscher Kunstvereine mußte künftig sein Einverständnis mit der Wahl der Vorsitzenden geben.
Der neue 1. Vorsitzende wurde Rechtsrat Dr. Erich Holper. Er bestimmte auch den neuen Vorstand, der künftig die Geschicke leitete. Holpers großes Anliegen war der Bau einer Städtischen Galerie. Als stellvertretender Bürgermeister nahm er die Angelegenheit in die Hand. Es sollte ein „Haus der Deutschen Kunst" für Rosenheim werden. Die Stadt stellte das Grundstück zur Verfügung und baute einen Luftschutzkeller, auf dem dann, finanziert aus den Rücklagen der Stadt, einem vom Kunstverein aufgebrachten Darlehen sowie durch Spenden aus der Bürgerschaft, die Städtische Galerie errichtet wurde. Dem in Rosenheim geborenen Hermann Göring trug man die Schirmherrschaft an, die er auch übernahm.
Für die architektonische Gestaltung schlug die Reichskunstkammer einen Wettbewerb vor, an dem sich die Architekten Butscher, Will, Hartwig, Wüler, Petersen, Hauk und Bestelmayer beteiligten. Den ersten Preis erhielt Geheimrat Dr. Hermann Bestelmayer, der Präsident der Akademie der Bildenden Kunst, und Mitglied des „Deutschen Künstlerbundes 1933". Bestelmayers Entwurf war ganz im Stil des Neoklassizismus nationalsozialistischer Bauten, vergleichbar dem Haus der Kunst in München. Immerhin erwies sich die Rosenheimer Galerie im Innern als eine harmonische Folge von Räumen, die in ihrer Geschlossenheit und der glücklichen Lösung der Beleuchtung heute noch ihresgleichen sucht. Die Grundsteinlegung am Sonntag, dem 11. August 1935 um 11 Uhr wurde vom Kunstverein ausgerichtet und stand in enger Verbindung mit dem 15jährigen Gründungsfest der Ortsgruppe Rosenheim der NSDAP.3) Max Bram konnte die Fertigstellung der Galerie nicht mehr erleben, er starb fünf Monate nach seinem 80. Geburtstag am 23. Oktober 1935.
Die Einweihung der Galerie fand zwei Jahre nach der Grundsteinlegung am Sonntag, dem 29. August 1937 statt. Schirmherr Hermann Göring erschien, obwohl eingeladen, nicht zur Eröffnung, die Rosenheimer mußten mit Gauleiter Adolf Wagner Vorlieb nehmen. In dem langgestreckten Anbau hinter der Galerie wurde das neue Archiv nebst einer Volksbücherei untergebracht.
Natürlich trugen die Ausstellungen in der Städtischen Galerie, die Auswahl der Bilder aus der Max-Bram-Stiftung, und die Ausstellungen des Kunstvereins, deutlich das Zeichen des Dritten Reiches. So mancher Maler fühlte sich verpflichtet, mit Portraits namhafter Nationalsozialisten und mit Bildern im Stil der Blut- und Bodenromantik seine Anpassung an die herrschende Kunstmeinung unter Beweis zu stellen. Doch bot die Galerie, verglichen etwa mit dem Münchner Haus der Kunst, ein gemäßigtes Bild. Die besseren, heute noch geschätzten Künstler malten überwiegend Unverfängliches, pflegten ihren eigenen, meist konservativen Stil. Herausragendes Ereignis war die Verleihung des Leibl-Sperl-Preises im Jahre 1943 an den Rosenheimer Maler Hans Müller-Schnuttenbach, einen Künstler, den man nicht als Nazimaler bezeichnen kann. Am 24. Oktober 1944 traf eine Fliegerbombe einen Teil der Galerie, dennoch blieb die Max-Bram-Stiftung vor größerem Schaden bewahrt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wandelte sich das Gesicht der Galerie allmählich. Aus der Pinakothek der Max-Bram-Stiftung und anderer Stiftungsbestände wurde ein modernes Ausstellungsgebäude, aus dem ebenfalls gewandelten Kunstverein eine echte Vertretung der Künstlerschaft und ein Spiegelbild der zeitgenössischen Kunst in und um Rosenheim.

Eugen Weigl

Anmerkungen:

1) Soweit nicht anderes vermerkt stammen alle Angaben aus StARo, Benutzerakt Galerie.
2) StARo, Protokolle B/Q 1839
3) Vgl. RTW vom 9. 8.1935 und RA vom 10./11.8.1935.