Ausländer- und Asylproblem

In der ganzen Bundesrepublik erreichte die Asyldebatte 1992 ihren Höhepunkt. Die meisten Deutschen wünschten eine Grundgesetz-Änderung, um den Zustrom von Asylanten in den Griff zu bekommen.
Für politisch Verfolgte sollte es weiterhin Asyl geben, die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge sollten aber abgewiesen werden können.

Durch den hohen Zustrom von Asylanten kursierten Hetzschriften, verschlechterte sich das soziale Klima. Auch in Rosenheim verschlechterte sich die Situation zunehmend. In einer nichtöffentlichen Sitzung am 26. August 1992 fasste der Ferienausschuss des Stadtrates mit 6:5 Stimmen den Beschluss, dass die Stadt Rosenheim keine Asylbewerber mehr aufnehmen könne. Sollte die Regierung von Oberbayern der Stadt weitere Asylanten zuweisen, sollten diese nach München zurückgeschickt werden.

Oberbürgermeister Dr. Michael Stöcker hielt diesen Beschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar. Sollten mehr Asylanten ankommen, müssten diese mangels geeigneter Unterkünfte vorübergehend in Zelten untergebracht werden. Später sollten Turnhallen zur Verfügung gestellt werden.

Nicht nur die Rosenheimer protestierten gegen die zugewiesenen hohen Kontingente. Auch die Umlandgemeinden wie Bad Aibling, Bruckmühl oder Kolbermoor versuchten Aufnahmestops durchzusetzen. Die Folge des zunehmend sich radikalisierenden Klimas waren Bombenanschläge auf Asylantenheime in Kolbermoor, Bad Aibling und Heufeldmühle, bei denen es glücklicherweise keine Verletzten gab.

Mit dem Blick auf das bundesdeutsche Geschehen und die Anschläge auf Asylbewerberheime in Hoyerswerda, Rostock und Solingen mussten sich auch die in Rosenheim lebenden Asylbewerber in den Heimen an der Luitpoldstraße, der Enzensbergerstraße oder in der Münchenerstraße mit der Angst auseinandersetzen.

Im April 1993 wurde von der GRWS die zentrale Unterkunft für Asylbewerber an der Münchenerstraße geschaffen, in der 120 Asylbewerber untergebracht werden sollten. Einige Zeit mussten hier aber fast 130 Personen leben, sodass auch der Aufenthaltsraum in einen Wohnraum umfunktioniert werden musste.

Am 14. November 1992 fand auf dem Max-Josefs-Platz eine Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit statt. Den "Rosenheimer Aufruf gegen Fremdenfeindlichkeit in Deutschland" unterschrieben u. a. CSU und SPD, evangelische und katholische Pfarrer, die Katholische Landvolkbewegung, der Stadtjugendring Rosenheim, der Stadtverband für Leibesübungen und ganz persönlich auch der Schauspieler Gustl Bayrhammer. Die Teilnehmer versuchten mit einer Lichterkette für mehr Toleranz und Mitmenschlichkeit zu werben. Dennoch riss die Welle der Gewalt gegen Ausländer nicht ab.

In Engelsberg bei Mühldorf wurde mehrmals ein Anschlag auf das dortige Asylbewerberheim verübt. Mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien kam es erneut zu einem hohen Asylbewerberzustrom in die Bundesrepublik. Die Folge auf diese massiven Zahlen, den steigenden Unmut in der Bevölkerung wie auch die Furcht vor einem Rechtsruck war eine viel diskutierte Änderung im Asylrecht, die zum 1. Juli 1993 in Kraft trat und u. a. niedrigere Anerkennungszahlen und die Klausel der sicheren Drittstaaten beinhaltete.

Die Situation entspannte sich im Laufe der Jahre wieder, wie Zahlen aus dem Rosenheimer Stadtgebiet zeigen. So ging der Anteil der Asylbewerber an der Gesamteinwohnerzahl von Rosenheim von 6,48 % im Jahr 1993 auf knapp 2 % im Jahr 1999 zurück. Doch "vom Tisch" kann und wird die Asylproblematik auch am Ende des 20. Jahrhunderts nicht sein. So fassten im Februar 1999 Rosenheimer Schleierfahnder auf der Inntalautobahn zwei Fahrzeuge, in denen 18 illegal einreisende Jugoslawen von italienischen Schleusern nach Norddeutschland gebracht werden sollten.