Eingemeindungen und Bürgerfest

Schon 1975 war abzusehen, dass die Stadt Rosenheim die ihr als künftigem Oberzentrum durch den Landesentwicklungsplan zugewiesenen Aufgaben und Funktionen nur erfüllen konnte, wenn eine Eingemeindung der umliegenden Gemeinden Aising, Pang und Westerndorf St. Peter erfolgen würde.

Diese Gemeinden waren hinsichtlich Arbeitsplätzen, Einkaufs-, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, kulturellen und sportlichen Angeboten sowie Wasserversorgung, Kanalisation, Müllbeseitigung und Erdgasversorgung ganz auf Rosenheim ausgerichtet. Umgekehrt wurde Rosenheim von seinen Nachbarn regelrecht eingeschnürt. Damit war eine sinnvolle Stadtentwicklungsplanung für Rosenheim nicht mehr möglich.

Im Rahmen der Gemeindegebietsreform gab es bis 1975 noch staatliche Zuschüsse für die Bereitschaft zur freiwilligen Umgemeindung. Nach Ende der "Freiwilligkeitsphase" 1976 wurden keine Staatszuschüsse mehr vergeben. Die gesetzlich verordneten Umgemeindungen sollten bis 1978 abgeschlossen sein. Gezwungenermaßen stimmten Aising, Pang und Westerndorf St. Peter der Umgemeindung zu. Besonders Westerndorf St. Peter reagierte als alte Gemeinde heftig, da das Gemeindegebiet in vier Teile zerschlagen und Rosenheim, Kolbermoor, Schechen und Stephanskirchen zugewiesen wurde.

In der Rosenheimer Verwaltung war man klug genug, den Schmerz über den Verlust der Eigenständigkeit mit besonderen Zuwendungen auszugleichen.

Nach der Eingemeindung von Aising, Pang und Westerndorf St. Peter zum 1. Mai 1978 wurden beispielsweise die örtlichen Feuerwachen weiterhin bestens ausgestattet, obwohl es Zweifel gab, neben der Hauptfeuerwache in der Stadt so große Außenwachen für die Freiwillige Feuerwehr zu unterhalten. Bei der Gebietsreform hatte sich Rosenheim zwar eine Ausweitung über den Inn hinaus gewünscht, doch blieb es bei diesen Eingemeindungsgelüsten. Schloßberg wehrte sich heftig gegen eine Eingemeindung, nicht zuletzt mit Hilfe des dort wohnenden Franz Neubauer, damals Landtagsabgeordneter der CSU. So blieb Schloßberg bei Stephanskirchen.

Der Landkreis verlor bei der Gebietsreform knapp 13.000 Einwohner an die kreisfreie Stadt. Die Stadt Rosenheim vergrößerte ihre Fläche auf einen Schlag um 90 Prozent. Die Eingemeindung gab Rosenheim wieder mehr Luft, um zu wachsen. Das Stadtgebiet wurde von 19,4 auf 37,1 Quadratkilometer vergrößert. Dennoch blieb Rosenheim nach Schweinfurt die flächenmäßig kleinste kreisfreie Stadt in Bayern. Durch die Gemeindereform kletterte die Einwohnerzahl von 38.000 auf über 50.000.

Aus Anlass der Eingemeindung feierte Rosenheim bei strahlendem Wetter am 6. Mai 1978 das erste Bürgerfest auf dem Max-Josefs-Platz. Damit wurden die neuen Bürger willkommen geheißen. Außerdem sollte eine künftige Fußgängerzone in der Stadtmitte erprobt werden. Beide Premieren waren ein voller Erfolg. Mit einem vielseitigen und bunten Programm mit insgesamt 33 Einzelaktionen wie Tanz, Sport, Theater, Kunst und Kabarett zeigte Rosenheim sich von seiner besten Seite. Die Resonanz war so positiv, dass sich das Bürgerfest als jährliche Einrichtung etablierte. Bis 1993 fand es regelmäßig auf dem Max-Josefs-Platz statt.

1993 brachte die Stadt die benötigten 20.000 Mark nicht auf. Auch 1997 sprach sich der Haupt- und Finanzausschuss aus Kostengründen gegen die Veranstaltung aus. Mit dem Bürgerfest 1998 konnte man auch auf 20 Jahre Eingemeindung zurückblicken und als Fazit ziehen, dass das "Fest von Bürgern für Bürger" für das Zusammenwachsen der Stadt und der eingemeindeten Gebiete erfolgreich war. 

Zeitzeuge