Eisdiele Capri und das "Italienfieber"

Bis Mitte der 1950er Jahre waren die Grundbedürfnisse vieler Bundesbürger nach Nahrung, Kleidung und Wohnraum befriedigt. Das Wirtschaftswunder wirkte sich aus: Man "gönnte" sich mehr, zum Beispiel eine Reise nach Italien, die mit dem Auto in greifbare Nähe gerückt war. Systematisch wurden die italienischen Küstenorte für den Massentourismus erschlossen. Bunte Plakate und Prospekte mit Strandansichten warben für die neuen Ziele. Deutsche Reiseunternehmen organisierten die ersten Pauschalreisen nach Italien.

Wichtig waren die im Urlaub erworbenen "Trophäen", die an die schönste Zeit im Jahr erinnern sollten. Beleuchtete Gondeln, Muschelkästchen und Nippes aus Muranoglas zierten deutsche Wohnzimmer. Beliebt war auch die Einladung zum DIA-Abend. Hier wurde der erfolgreiche Urlaub vor Freunden, Nachbarn und Kollegen in Szene gesetzt. Die bastumflochtene Weinflasche wurde zum Symbol für den Italienurlaub schlechthin. Bestückt mit Tropfkerzen fehlte sie in keinem Partykeller.

Die sich neu organisierende Freizeitindustrie entdeckte, dass mit Artikeln, die im weitesten Sinne mit Italien und Urlaub zu tun hatten, Geld zu verdienen war. Lidokragen und Caprihosen waren genauso "in" wie italienische Dekors. Der neue Trend nannte sich "Riviera-Stil" und unter dem Motto "Essen wie in Italien" boten west-deutsche Hersteller Fertiggerichte wie Ravioli und Miracoli an. In der Schallplattensammlung durften die "Capri-Fischer", "O sole mio", "Zwei kleine Italiener", "Marina" und "Bella Donna" nicht fehlen.
Vom Italientrend wurden in den fünfziger Jahren auch die Rosenheimer erfasst, die in Filme wie "Italienreise" oder in die "Don Camillo"-Streifen strömten. Im Paßamt standen die Italienurlauber Schlange, um die Ferien in einer der vielen im OVB inserierenden Pensionen an der Adria verbringen zu können.

Einen Hauch Italien in die Stadt brachte auch die Eisdiele "Capri" in der Münchenerstraße 5. Pünktlich zur Eissaison im Frühsommer 1953 eröffnete Rosenheims erste italienische Eisdiele, die sich hier bis 1963 halten konnte. Ab 1959 zählte dann das Cafe Milano am Salzstadel zur italophilen Szene.