Bruno Gröning im Traberhof

Rosenheim im September 1949:
Sämtliche Hotels und Gaststätten in der Stadt sind belegt, der Bahnhof überfüllt, in den Straßen zum Traberhof bilden sich Schlangen von Menschen, Kranke und Sieche, Blinde, Krüppel und Kriegsversehrte in Rollstühlen und Leiterwagen ziehen dorthin, wo sich jene wunderbaren Heilungen vollzogen haben sollen, von denen seit Tagen die ganze Gegend spricht:
Bruno Gröning, ein Mann, dem "die göttliche Kraft, Menschen zu heilen in die Wiege gelegt" worden war, soll im wahrsten Sinne des Wortes "Blinde wieder sehen und Lahme gehen" gemacht haben.
Bruno Gröning strömten die Massen zu, er verunsicherte die ärztliche Fachwelt und hat noch heute etwa 30.000 Anhänger in der ganzen Welt, organisiert in Freundeskreisen.

1905 wurde er in Danzig-Oliva geboren, schlug sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten durch, um später erstmals in Herford mit der angeblichen Heilung eines an Muskelschwund erkrankten Kindes auf sich aufmerksam zu machen. Gröning versetzte die Menschen in Taumel, man sah zu ihm wie einem Messias auf.
Bald darauf tauchte Gröning in München auf, dann schließlich in Rosenheim, wo er zweifellos den Höhepunkt seiner Karriere erlebte, um danach für einige Zeit eher zurückgezogen mit einem Münchener Heilpraktiker zu arbeiten.

In die Schlagzeilen kam Gröning erst wieder infolge einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung, die darauf beruhte, dass er einer jungen, an Tuberkulose erkrankten Frau Heilung versprochen und sie so von einem Arztbesuch abgehalten hatte, der ihr womöglich das Leben hätte retten können. Das Urteil lautete auf zwei Jahre Gefängnis mit Bewährung sowie einer Geldbuße in Höhe von 5.000 Mark. Gröning ging in Revision, starb aber noch vor Abschluss des Prozesses am 26. Januar 1959 in Paris an Krebs.

Sein Gedankengut lebt noch heute fort. Allein in München bestehen fünf Gröning-Gemeinschaften mit etwa 400 Mitgliedern, auf deren Initiative 1997 auch Grönings Leben verfilmt wurde. Grönings Auftreten in Rosenheim im September 1949 wurde wohl zu seinem größten Erfolg. Die Massen beteten ihn regelrecht an, die Berichte von sensationellen Heilungen rissen nicht ab: eine durch einen Bergunfall gelähmte Aiblingerin konnte nach Jahren des Siechtums wieder stehen, Taube konnten plötzlich wieder hören, ein beinahe blindes Mädchen aus München soll wieder gesehen haben.
Grönings Methode bestand entweder aus Handauflegen oder der "Aufladung" von Gegenständen (meist Staniolkügelchen, aber auch Papierservietten oder ähnlichem) mit seiner "Kraft", die dann, an die Kranken weitergegeben, heilenden Einfluss nehmen sollten.
Sogar "Fernheilungen" via Radio oder Gedankenübertragung seien möglich gewesen. Schon bald rief der Zuspruch, dessen sich Gröning in der Bevölkerung erfreute, findige Geschäftemacher auf den Plan, die sich als seine "Mitarbeiter" ebenfalls zu "Heilungen" entschlossen. Ein Herr Kirmaier, der eine Broschüre über Gröning herausgab, nahm in dessen Namen Kinderheilungen vor.
Es blühte ein regelrechter Devotionalienhandel auf, Kruzifixe und Gröning-Karten zum Stückpreis von 35 Pfennig wurden angeboten. Nicht nur diese Merkwürdigkeiten erregten Kritik. Vor allem die Schulmedizin brachte Einwände vor, wenngleich sie die Erfolge von Grönings psychotherapeutischen Methode nicht völlig verwerfen konnte.

Schützenhilfe bekam Gröning auch von prominenter Seite. Der Münchener Polizeipräsident Pitzer, der christdemokratische Landtagsabgeordnete Hagn und namhafte Journalisten sprachen sich voll zu seinen Gunsten aus, hatten sie doch am eigenen Leib Heilung erfahren. Dennoch kam es nicht zu den von Gröning geplanten "Heilstätten" im Rosenheimer Land, zudem erschien seine "Kunst" in einem immer zwiespältigeren Licht. Besonders als Gröning neben seiner Heilkraft auch auf wahrsagerische Fähigkeiten pochte.

1954 erhielt Gröning, der Rosenheim wieder verlassen hatte, wegen "Verstoß gegen das Heilpraktikergesetz" endgültig Auftritts- und Berufsverbot, was zu seinem Verschwinden aus den Spalten der Sensationspresse führte.