Das Schicksal der Familie Fichtmann

 Moses Wolf Fichtmann lebte bis 1886 in seiner Geburtsstadt Brody in Galizien, danach bis 1896 in Wien, von wo er im gleichen Jahr mit seiner Frau Antonie (genannt Taube) nach Rosenheim zog.

Er führte zunächst ein Kurzwarengeschäft in der Riederstraße, 1931 kaufte er ein Haus am Max-Josefs-Platz und eröffnete dort ein zweites Bekleidungsgeschäft.
In Rosenheim wurden die sechs Kinder des Paares geboren. 1930 erhielt die Familie die deutsche Staatsbürgerschaft, die 1934 widerrufen wurde. Ab 1933 musste Fichtmann übelste Verleumdungen unter anderem wegen sittlicher Belästigung einer Mieterin beziehungsweise Verkauf von schlechter Ware über sich ergehen lassen.
Ab November 1937 stand täglich ein SA-Posten vor seinem Geschäft, der von fanatischen NSDAP-Anhängern dafür sogar entlohnt wurde. Teilweise mit Gewalt wurden Kunden am Einkauf gehindert.

Im Juni 1938 provozierten zwei SA-Männer einen Schlägerei mit Moses Wolf Fichtmann und seinem Sohn Eduard, was für Oberbürgermeister Gmelch der willkommene Anlass zur Ausweisung der Familie Fichtmann war. Notgedrungen musste Fichtmann im August 1938 sein Geschäft zwangsverkaufen.
Am 1. März 1939 wurde die Familie aus ihrer Wohnung gewiesen und musste sich von da ab mit einem einzigen Zimmer im Rückgebäude des Hauses Heilig-Geist-Straße 2 begnügen. Familie Fichtmann versuchte, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Den fünf Söhne gelang allen die Emigration in die USA bzw. nach Argentinien.
Moses Wolf Fichtmann, seine Frau und seine Tochter Klara mussten jedoch am 27. Juli 1941 in das "Gemeinschaftshaus der jüdischen Kultusgemeinde" in München ziehen, wo Moses Wolf Fichtmann am 1. September 1941 an einem Herzinfarkt starb. Taube und Klara Fichtmann wurden am 3. April 1942 nach Piaski bei Lublin geschafft, einem Verteilungspunkt für die Vernichtungslager im Osten. Dort verliert sich ihre Spur.