Das Gervais-Danone Werk Rosenheim

Das 1850 von Charles Gervais gegründete Unternehmen zur Herstellung von Rahmkäsen fasste bald auch in Deutschland Fuß.

Bereits 1865 erfolgten die ersten Importe von Gervais-Käse nach Deutschland. Die neuartige Käsesorte erfreute sich hier rasch größter Beliebtheit, der Umsatz stieg kontinuierlich.
1920 wurde deswegen die deutsche Gervais AG mit Sitz in Köln gegründet, die den Käse aus Frankreich importierte und sich in Deutschland einen beachtlichen Markt schuf.

Mit der Weltwirtschaftskrise und der damit destabilen wirtschaftlichen Lage und den Problemen der Devisenbeschaffung im Deutschen Reich mussten 1930 alle Importe gestoppt werden. Deshalb erwarb die Gervais AG Köln eine verschuldete Genossenschaftsmolkerei in Rosenheim und wandelte sie zur Produktionsstätte für Gervais-Käse um.
Der Vorteil des Standorts Rosenheim war vor allem ein großes Milcheinzugsgebiet. Durch Übernahme neuer Einzugsgebiete und planmäßige Aufbauarbeit konnte die Anlieferung in den Folgejahren wesentlich gesteigert werden. In Spitzenzeiten betrug sie über 100.000 Liter pro Tag. Die Kapazität des Betriebs reichte dafür nicht mehr aus.

Die Betriebsgebäude mussten durch Um- und Neubauten ständig erweitert, die Einrichtungen verbessert werden. Für die ursprünglich kleine Rosenheimer Molkerei bedeutete dies quasi über Nacht den Aufstieg in die Dimension eines Markenartikelherstellers. In Rosenheim entstand einer der leistungsfähigsten und modernsten Molkerei- und Käsebetriebe Deutschlands.

Der zweite Weltkrieg brachte Einschränkungen und Verknappungen. Facharbeiter wurden eingezogen, Fahrzeuge beschlagnahmt. Für viele Maschinen waren keine Ersatzteile zu bekommen. Die Gervaiszentrale in Köln, sowie die Verkaufsniederlassungen in Berlin, Mannheim und Saarbrücken wurden völlig zerstört.
Das Werk Rosenheim blieb allerdings unbeschädigt. Nach dem Einmarsch der Amerikaner wurde das Werk zunächst stillgelegt und besetzt, doch einige Wochen später wieder freigegeben. Um einen Wiederaufbau zu ermöglichen, wurde Roger Bouhet, der spätere Generaldirektor der deutschen Gervais AG, mit dem "Ankurbeln" des Werkes Rosenheim beauftragt. Ihm gelang es, dringend notwendige Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen zu ermöglichen und am 1. Januar 1948 das Werk wieder in die Gervais AG zu integrieren.

Die Währungsreform schaffte die weiteren Voraussetzungen für den Aufstieg des Werks. Die Einführung des neuen Artikels "Hüttenkäse" bedeutete eine Sternstunde für das Unternehmen, der in den folgenden Jahren eine systematische Sortimentserweiterung folgte.
Mit der Fusion der Firmen Gervais und Danone 1967 ging die Eröffnung weiterer neuer Märkte einher. 1973 übernahm der französische Lebensmittelkonzern BSN Holding, Paris, die beiden fusionierten Unternehmen. Bis in die 1990er Jahre konnte der Betrieb mit insgesamt knapp 800 Mitarbeitern trotz einem rückläufigen Gesamtmarkt seine Marktstellung ausbauen. Im Werk Rosenheim wurden 1995 250 Mitarbeiter beschäftigt. Bei einem 25prozentigen Exportanteil sind die Erzeugnisse aus Rosenheim nicht nur in den bundesdeutschen Lebensmittelgeschäften, sondern in ganz Europa vertreten.