Ehrenbürger Hans Klepper

"Aus Anlaß seines 80. Geburtstages am 23. Mai 1948 und in Anerkennung und dankbarer Würdigung seiner aus kleinsten Anfängen heraus geleisteten Lebensarbeit als Gründer und Chef der Klepperwerke, durch die Rosenheim in der ganzen Welt bekannt wurde, sowie für seine unermüdliche Arbeit und Beratung zur Hebung und Verschönerung der Stadt." Mit dieser Begründung beschloß der Stadtrat Rosenheim in einer außerordentlichen Sitzung die Ernennung von Johann Klepper zum Ehrenbürger. Das hat sich der zwölfjährige Hans nicht träumen lassen, als er mit einem selbstgebastelten Boot im Jahr 1880 von Rosenheim den reißenden Inn abwärts nach Wasserburg fuhr. Mit einem Boot, das seinen Namen trug, fuhr fast 50 Jahre später, im Jahre 1928, der einstige Kapitän Franz Romer von Afrika aus über den Ozean. Tatsächlich überstand das seetüchtig ausgerüstete Klepperboot diese sensationelle Fahrt, erreichte nach einem furchtbaren Kampf mit einem Hai Amerika. In einem serienmäßigen Klepperboot, einem Faltboot-Zweier, vollbrachte der 34 jährige deutsche Arzt Dr. Lindemann in 72 Tagen die abenteuerliche Altantiküberquerung und zwar 1956. Der Weltruhm des Klepperbootes erfuhr eine Auffrischung. Mindestens genauso berühmt war der bei Regen millionenfach bewährte Kleppermantel. Aus der Schneiderei Kleppers kam auch der Lodenmantel, den man nach der ersten Lieferung nach Bozen unter dem Namen Boznermantel kannte. Johann Klepper erlernte nach dem Besuch der gewerblichen Fortbildungsschule im elterlichen Geschäft die Schneiderei und zog 1887 als Wandergeselle zu Fuß und teils mit der Bahn durch Deutschland. In Berlin war sein letzter Gehilfenplatz, in Dresden besuchte er mit Auszeichnung die Zuschneiderlehranstalt und fand nach ihrer Absolvierung in guten Geschäften eine Anstellung.

Nach fünf Jahren kehrte er als Schneidermeister nach Hause und übernahm das elterliche Maßgeschäft am Max-Josefs-Platz. Auf dem Dachboden dieses schönen traditionsreichen Innstadthauses entstand eine kleine Faltbootwerft. In jenen Tagen - man nannte Johann Klepper immer häufiger „gspinnata Schneider" und „Wassernarr" - besuchte ein korpulenter Holländer die „Faltbootwerft Klepper". Höchst erstaunt und ungläubig keuchte er die vier Treppen zum Dachboden hoch. Dort oben könne doch unmöglich eine Bootswerft sein! Nach der Besichtigung kaufte er aber hochbefriedigt gleich drei Klepperboote. Am Stausee, drüberhalb der Bahngleise, wo die Erprobungen stattfanden, entstanden die weltbekannten Klepperwerke. Der damals unvergleichliche Regenmantel und das Faltboot machten Johann Klepper und die Stadt Rosenheim in allen Kontinenten berühmt.

Man muß sich, wenn man den Erfolg messen will, in die damalige Zeit hineinversetzen: Wassersport erschien unseren Urgroßeltern noch als tollkühnes, verdammenswertes Wagnis. Aus dem kleinen Schneidermeister ist durch Leistung und Tatkraft, gepaart mit Erfindergeist, ein Großindustrieller geworden. Viele tausend Menschen verdienten sich über Jahrzehnte in seinen Werken Arbeit und Brot. Später auch bei seinem Sohn und Nachfolger, Hans Klepper.

Der Gründer der Klepperwerke blieb, trotz seiner überaus großen Erfolge, der bescheidene Bürger und warmherzige, sozial denkende Chef seiner Mitarbeiter. Bis ins höchste Alter hinein behielt Johann Klepper seinen klaren Geist, seine jugendliche Tatkraft und sein liebenswürdiges Wesen.

Durch Unterstützung kultureller Belange, durch Schenkungen und Förderung des Fremdenverkehrs bekundete er seine Anhänglichkeit an seine Heimatstadt. Dankbarkeit und Ergriffenheit beherrschten die Trauerfeier am 31. Januar 1949. Stolze und wehmütige Erinnerungen gelten dem Ehrenbürger Johann Klepper über das Grab hinaus.

Text von Helmut Braun aus der Broschüre "Die Ehrenbürger der Stadt Rosenheim", Hrsg. Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank Aktiengesellschaft, München, 1983.