Feldgottesdienst bei der Einweihung der „Fliegerkapelle“ in Fürstätt

10. Mai 1925
Feldgottesdienst bei der Einweihung der „Fliegerkapelle“ in Fürstätt 1925

1847 errichtete der Fürstätter Bauer Kiener westlich des Dorfes eine kleine Kapelle. Hier führte ein beliebter Fußweg vorbei, der von der Äußeren Münchener Straße abzweigte und zu dem neu entstehenden Ort Kolbermoor führte. Als ab Herbst 1915 auf diesem Gelände die „Sanierungsanstalt“ zur Entlausung von Soldaten des Ersten Weltkriegs errichtet wurde, blieb die Kapelle zwar erhalten, war jedoch für Besucher verschlossen. Auf Anregung von Bürgermeister Josef Wüst entschloss sich der Rosenheimer Verschönerungsverein deshalb, die Kapelle an einen neu geplanten Weg auf der nördlichen Seite des Bahndamms zu „verlegen“. Josef Huber aus Fürstätt stellte dazu seinen Wiesengrund unentgeltlich zur Verfügung. Dank zahlreicher Spenden wurde die neue Kapelle 1916/17 nach Plänen von Stadtbaurat Ferdinand Schlögl erbaut. Das schmucke Bauwerk besaß eine säulengetragene Vorhalle, deren Giebelfeld von dem Maler Michael Licklederer mit einem St.-Georgs-Fresko geschmückt wurde. Weil im April 1915 nahe der ersten Kapelle der Fliegerleutnant Karl Vonlohr und sein Begleiter Mathias Meyer ums Leben gekommen waren, widmete man die neue Kapelle, die der Patrona Bavariae geweiht werden sollte, dem Gedächtnis der beiden Soldaten. So entstand die volkstümliche Bezeichnung „Fliegerkapelle“. Die Figur der Patrona Bavariae im Inneren der Kapelle stiftete damals Bürgermeister Wüst.
Bereits kurz nach ihrer Vollendung geriet die Kapelle in das Schussfeld der Revolutionskämpfe 1918/19 und wurde beschädigt. Erst 1925 war sie wieder so weit hergestellt, dass sie endlich offiziell eingeweiht werden konnte. Am 10. Mai 1925 begab sich ein langer Prozessionszug aus 17 Vereinen mit Fahnen und Standarten von Fürstätt zu der festlich geschmückten Kapelle. Der Fürstätter Expositus Thoma nahm die Weihehandlung vor. Anschließend sprachen Bürgermeister Kreuter, Hauptmann Schonger, ein Jugendfreund
von Vonlohr, als Vertreter der Flieger, sowie Exz. Lehmann für den Zentralverband der Vereine ehemaliger Angehöriger der Fliegertruppe. Die Fliegerabteilung, der Veteranenverein Fürstätt und die Pioniervereinigung Rosenheim legten Kränze nieder. Die Fliegerkapelle war nun auch das Kriegerdenkmal für die gefallenen Ortsangehörigen von Fürstätt. Am 16. Februar 1945 wurde die Kapelle durch einen Luftangriff völlig zerstört; nur die Muttergottesfigur lag unbeschädigt in den Trümmern. 1947 erfolgte der Wiederaufbau der Kapelle und 1948 ihre abermalige Weihe.

Text: Tobias Teyke
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2011/5

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