Die Kgl. Eisenbahnbetriebsdirektion

um 1905
Die Kgl. Eisenbahnbetriebsdirektion, um 1905

1875 wurden in den großen Bahnknotenpunkten Bayerns insgesamt zehn Oberbahnämter als Vollzugs- und Aufsichtsbehörden für das Eisenbahnwesen eingerichtet. Dabei bestimmte man auch Rosenheim zum Sitz eines Oberbahnamtes. Nur wenige Jahre nach der Erhebung zur Stadt war Rosenheim somit zum ersten Mal Sitz einer höheren Behörde geworden, was sich auf den Bedeutungsgewinn des Ortes infolge des Bahnanschlusses zurückführen lässt. Das Oberbahnamt hatte seinen ersten Sitz in einem 1875 fertig gestellten Gebäude neben dem neuen Bahnhof, der Anfang 1876 seinen Betrieb aufnahm. Die Zuständigkeit des Amtes umfasste die Bahnstrecken zwischen München-Trudering, Kufstein, Salzburg und Eisenstein im Bayerischen Wald. Erster Oberbahnamtsvorstand in Rosenheim war Georg Hartung aus Ansbach.
Wegen der zunehmenden Aufgaben für das immer größer werdende Bahnnetz reichte der Platz im Rosenheimer Oberbahnamt schon bald nicht mehr aus. Im März 1892 beschloss der Bayerische Landtag die Errichtung eines neuen Dienstgebäudes. Als Bauplatz wurde das Eckgrundstück Bahnhofstraße/Luitpoldstraße gewählt, wo Ende 1893 mit dem Bau des neuen Amtes begonnen wurde. Die Vergabe der Bauarbeiten an überwiegend auswärtige Firmen sorgte damals für großen Unmut unter den Rosenheimer Gewerbebetrieben. Der „Rosenheimer Anzeiger“ kommentierte das Vorgehen der Bahnbehörden in ironischer Weise: „Herrgott, muß das Haus schön werden: den Bau führten Italiener auf; die Tischlerarbeiten machten Oberfranken, der Putz wird von Oberpfälzern hergestellt und die Landeshauptstadt liefert den Farbenglanz.“
Im Oktober 1894 bezog das Oberbahnamt das neue Gebäude. Entstanden war ein monumentaler, dreigeschossiger Eckbau im Stil der Neurenaissance. 1901 wurden die Oberbahnämter schließlich in Eisenbahnbetriebsdirektionen umbenannt. Im Zuge von Zentralisierungsmaßnahmen der Bayerischen Staatseisenbahnen löste man zum 1. März 1907 mehrere Eisenbahnbetriebsdirektionen auf, darunter auch jene in Rosenheim, deren Zuständigkeit nun der Münchner Behörde übertragen wurde. Als Ausgleich für den Verlust der Betriebsdirektion machte man Rosenheim zum Hauptsitz des „Versicherungsamtes der Kgl. Bayerischen Verkehrsanstalten“, deren Beamte nun das 1893/94 erbaute Amtsgebäude bezogen. Aus dem Versicherungsamt wurde später das „Wohlfahrtsamt“ der Bahn und schließlich die „Sozialverwaltung Süd“. Anfang der 1990er Jahre entstand südlich des Rosenheimer Bahnhofs ein neues Gebäude für die Sozialverwaltung der Bahnbeschäftigten. Das historische Amtsgebäude wurde 1995 abgebrochen.

Text: Karl Mair
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2017/1

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