Das Wohn- und Geschäftshaus Münchener Straße 28

um 1925
Das Wohn- und Geschäftshaus Münchener Straße 28, um 1925

Nach der Verlegung des Bahnhofs in den Südwesten der Stadt 1876 avancierte die Münchener Straße zur Hauptgeschäftsstraße Rosenheims. Auf dem Grundstück Münchener Straße 28 ließ Josef Reuter, der Besitzer des Hotels „Zum Wendelstein“, ab 1899 ein großzügiges Wohn- und Geschäftshaus errichten. Der junge Architekt Carl Baumann – später Reuters Schwiegersohn – hatte in dessen Auftrag einen viergeschossigen Bau mit einer Straßenfront von stolzen 28 Metern Breite entworfen.
Im Jahr 1900 war Josef Reuters Neubau, dessen Vermietung seinem Besitzer zusätzliche Einnahmen neben dem Hotelbetrieb bringen sollte, fertig gestellt. Die Fassade wurde durch eine reiche Stuckornamentik im Stil des Neubarock gegliedert. Im Erdgeschoss bestanden zwei Läden, in den Obergeschossen je zwei große Wohnungen mit bis zu sieben Zimmern. Über eine Durchfahrt gelangte man zum Innenhof und einem dreistöckigen Rückgebäude.
Hotelier Josef Reuter starb bereits 1909 im Alter von 53 Jahren. Nachdem das Anwesen zunächst seiner Witwe Agnes gehörte, war es bereits 1920 besitzmäßig aufgeteilt, wobei das Vorderhaus nun im Eigentum der Bayerischen Vereinsbank stand. Ende der 1930er Jahre erwarb schließlich der Kaufmann Alois Pan das Haus, wodurch sich der Name „Pan-Haus“ einbürgerte. Abgesehen von der in den Wirtschaftswunderjahren modernisierten Erdgeschosszone ist die Fassade des Hauses bis heute in der ursprünglichen Form erhalten geblieben.
Das Kalenderbild zeigt das Wohn- und Geschäftshaus um 1925. Im Erdgeschoss lagen damals zwei große Läden jüdischer Kaufleute. Links der Durchfahrt befand sich das Textil- und Modegeschäft von Alexander Wiener, rechts das „Kaufhaus“ des Isaak Camnitzer. Während Camnitzer bereits 1920 nach München zog und das Geschäft auch danach seinen eingeführten Namen behielt, war Alexander Wiener ab 1933 Repressalien und Boykottaufrufen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Ende Oktober 1938, wenige Tage vor der „Reichspogromnacht“, meldete Wiener sein Geschäft ab. Als die Fotografie entstand, befand sich im ersten Obergeschoss des Hauses die Rosenheimer Filiale der Reichsbank, der damaligen deutschen Notenbank, und im Rückgebäude die Buchdruckerei von Franz Keil.

Text: Karl Mair
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2015/7

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