Der Innenraum des Cafés „Papagei“ in der Stollstraße

um 1940
Der Innenraum des Cafés „Papagei“ in der Stollstraße um 1940

1866 richtete der Photograph Julius Liesack das erste fest ansässige Photo-Atelier in Rosenheim ein. 1871 ließ er schließlich in der späteren Stollstraße 8 einen Atelier-Neubau hinter seinem Wohnhaus in der Heilig-Geist-Gasse erbauen Das Haus blieb in der Folgezeit ein Photo-Geschäft, bis dessen letzter Inhaber Franz Riedl 1925 starb. Im Jahr darauf verlegte der Malermeister Rudolf Geisenfelder sein Malergeschäft von der Kufsteiner Straße in das ehemalige Photo-Atelier. Dort führte er auch eine Milchstube. 1928 gründete Geisenfelder mit seiner Frau Gisela ein Café, das in Anspielung an den Namen des Besitzers („Papa Geisenfelder“) bald den Namen „Papagei“ erhielt, der durch ein großes Wirtshausschild symbolisiert wurde. 1933 wurde das Lokal zur Ecke Nikolai-/Stollstraße hin, im bisherigen Garten, mit einem erdgeschossigen Salettl-Anbau erweitert. Durch einen Umbau 1935 erhielt das Café eine moderne Fassade und im Zuge einer großzügigen Erweiterung 1938 entstand im Innern ein großer, zweigeschossiger Lokalraum mit Galerie. Ab 1945 wurde das Café für einige Zeit vom amerikanischen Roten Kreuz als Soldatenheim benutzt.
1948 übergab Rudolf Geisenfelder die Führung des wieder eröffneten Cafés an seine Tochter Hansi und ihren Ehemann Fritz Kneib (1916-2008). In den folgenden Jahren entwickelte sich das Lokal zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt Rosenheims und galt in den 1950er und 1960er Jahren als bekanntestes Tanzlokal zwischen München und Salzburg. Jeden Abend spielte eine Vier- bis Fünf-Mann-Kapelle zum Tanz auf, wobei die Faschingsfeste im „Papagei“ besonders beliebt bei den Gästen waren. Das Café war für 300 Gäste zugelassen; bisweilen drängten sich dort aber auch rund 400. Der TSV 1860 Rosenheim benannte sogar eine Firmenfußballmannschaft mit dem Namen „FC Papagei“. 1980 wurde das Tanzcafé „Papagei“ geschlossen. Seitdem waren die Räume unter wechselnden Namen als Discothek genutzt. 2010 wurde das Gebäude schließlich abgebrochen.

Text: Tobias Teyke
Quelle: Stadtkalender "Bilder aus Alt-Rosenheim", 2011/2

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