Free Action und Jugendzentrum

Zu Beginn der 1970er Jahre gründeten Rosenheimer Jugendliche die Initiativgruppe "Free Action". Nach Londoner Vorbild schlossen sich hier junge Rosenheimer zusammen, die in Selbstverwaltung, ohne Vereinssatzung, ohne Vorstand oder Schriftführer zusammenarbeiteten. Zum Koordinierungsteam, also der Selbstverwaltung der einzelnen Arbeitsgruppen, gehörten Oberschüler, Studenten, ein Abiturient, ein Bankkaufmann, ein Lehrling und ein Sozialarbeiter. Zwei von ihnen reisten extra auf eigene Kosten nach London, um das "New Arts Lab", einen ähnlichen Zusammenschluss Jugendlicher in England zu untersuchen.

In Deutschland gab es nämlich keine entsprechenden Vorbilder für diese Form selbstverwalteter Jugendarbeit von unorganisierten Jugendlichen. Mit der Gründung von Free Action schufen die Rosenheimer damit ein bislang einmaliges deutsches Modell.

Ein Problem waren allerdings die Räumlichkeiten. Im Mai 1970 war die Initiativgruppe mit Duldung der Stadt in den Keller der Gemäldegalerie gezogen. Mit viel Engagement machten sich die Jugendlichen an die Ausgestaltung des Kellers, um einen Treffpunkt für sich und andere Jugendliche zu schaffen, in dem sie sich unterhalten konnten, ohne ein teueres Lokal aufsuchen zu müssen.

Allmählich entwickelte sich der Galeriekeller zu einem Jugendzentrum. Dies endete jedoch rasch, als die Stadtverwaltung und der Stadtrat den Galeriekeller für die Jugendinitiative sperren ließen. Als Grund wurde besonders auf die unzumutbare Raumsituation im Keller verwiesen. Free Action zog in die baufällige Berufsschule an der Innstraße, die allerdings ein Jahr später abgebrochen wurde. In dieser Zeit machte sich Free Action mit der Einrichtung einer Teestube, Diskussionsrunden, Konzerten und Drogenberatung einen guten Namen.

Die Aktivitäten kamen nicht nur bei den Jugendlichen, sondern auch bei einem Teil der Erwachsenen gut an, die aber großteils der Initiative kritisch gegenüberstanden. Etwa 80 junge Rosenheimer arbeiteten bei Free Action aktiv mit, über 300 Jugendliche hatten Kontakt zu dem Jugendzentrum an der Innstraße, in dem bis zu 2.000 Besucher das attraktive Angebot wahrnahmen.

Nach dem aus Platznöten bedingten Ende von Free Action war aber bereits klar, dass Rosenheim um ein Jugendzentrum nicht herumkommen würde. Nach zahllosen Diskussionen, Anträgen, Demonstrationen, Leserbriefen und Konzepten beschloss der Jugendwohlfahrtsausschuss im April 1977, das Jugendzentrum anzupacken. Es folgte der Beschluss des Hauptausschusses, nach der Eingemeindung die KFZ-Stelle und das Schulamt in der Reichenbachstraße auszuquartieren.

In dem Seitenteil des Lokschuppens wurden 1979 Räume für ein Jugendzentrum eingerichtet. Bei der Eröffnung Ende November 1979 drängelten sich über 500 Besucher. Die Resonanz blieb positiv, ob Teestube, Spielmöglichkeiten, Disco oder Konzerte. Ein Jahr später wurde das neue Jugendzentrum bereits um Räume im ersten und zweiten Stock erweitert.