Die Machtergreifung

Nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten von Hindenburg am 30. Januar 1933 begann der Kampf der Nationalsozialisten um die alleinige Macht im Staat.
Unter dem Deckmantel eines Neuaufbaus des Reiches wurden auf Reichs-, Länder- und Gemeindeebene durch Gesetze und Verordnungen die bisherigen Kompetenzen neu im Sinne des NS-Regimes verteilt, der politische Gegner durch Verfolgung und Terror ausgeschaltet.

Wichtig für die Festigung der Macht war den Nationalsozialisten vor allem die Eroberung der Rathäuser. Die letzten Kommunalwahlen hatten in Bayern 1929 stattgefunden, deshalb gab es in den Gemeinderäten meistens noch eine demokratische Mehrheit. Auf der Grundlage des Gesetzes zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 31. März 1933 wurden die Kommunalparlamente kurzerhand aufgelöst und nach dem Ergebnis der Reichstagswahl neu gebildet.

Der auf zwanzig Sitze verkleinerte Rosenheimer Stadtrat setzte sich nun aus neun Stadträten der NSDAP, sieben der BVP und vier der SPD zusammen. Obwohl die SPD-Fraktion bis Ende Juni noch zu jeder Stadtratssitzung formal eingeladen wurde, waren ihre Mitglieder nur noch zweimal anwesend. Am 4. Mai einigten sich BVP und NSDAP darauf, die Ausschusssitze untereinander aufzuteilen und die SPD auszuschließen.
Argument der Nationalsozialisten war vor allem, die SPD als bisher schärfsten Gegner des neuen Regimes von weiterer politischer Verantwortung entbinden zu müssen. Daraufhin erklärten die vier SPD-Stadträte ihren Rücktritt. Die BVP versuchte zunächst, sich den neuen Machtverhältnisse anzupassen.

Am 23. März 1933 stimmten die BVP-Stadträte der Ernennung von Hermann Göring als gebürtigem Rosenheimer zum Ehrenbürger der Stadt einstimmig zu. In einem "Dringlichkeitsverfahren" der NSDAP wurden dann auch Hitler und Hindenburg schleunigst zu Ehrenbürgern berufen und zwei Straßen (die bisherige Inn- und die Münchenerstraße) nach ihnen benannt. Auch andere Nazi-Größen erhielten das Ehrenbürgerrecht und eine nach ihnen benannte Straße.
Doch Ende Juni 1933 wurden die BVP-Stadträte in Schutzhaft genommen. Eine Entlassung geschah erst, nachdem sie schriftlich ihr Ehrenwort zum Austritt aus ihrer Partei gegeben hatten. Mangels Mitglieder und wegen zahlreicher Parteiaustritte löste sich die Rosenheimer BVP daraufhin auf.

Der Stadtrat wurde auf 16 Sitze verkleinert und bestand nur noch aus Nationalsozialisten. Rechtsrat Hubert Weinberger, Sozialdemokrat und 1929 Konkurrent des Bürgermeisters Knorr um dessen Posten, wurde am 7. April 1933 in den Ruhestand versetzt. Alleiniger Rechtsrat und später berufsmäßiger, rechtskundiger Stadtrat war nur noch Ortsgruppenleiter und SA-Obersturmführer Dr. Erich Holper.
Der 1929 gewählte, berufsmäßige Bürgermeister, Dr. Hans Knorr, Mitglied der BVP, versuchte, sich den neuen Gegebenheiten und Machthabern anzupassen. Dennoch konnte er das Vertrauen der NSDAP-Stadträte nicht gewinnen. Entsprechend wurde auch sein Antrag auf Aufnahme in die NSDAP abgewiesen. Zunächst wurde die Rosenheimer NSDAP-Führung das missliebige Stadtoberhaupt aber nicht los. Erst nach einer Einigung über einen sein Auskommen sichernden Dienstlösungsvertrag willigte Knorr gütlich in den zwangsweisen Ruhestand ein. Sein Nachfolger wurde der Alt-Parteigenosse und bisherige zweite Bürgermeister Georg Zahler. 

Zeitzeugen