Hitler besucht Rosenheim

1935 - Hitler spricht am Max-Josefs-Platz "15 Jahre Kampf um Deutschland" - so lautete der hakenkreuzgezierte Behang der Rednertribüne, die am 10. und 11. August 1935 die hintere Front des Max-Josefs-Platzes beherrschte. Rosenheim feierte das 15jährige Jubiläum seiner Ortsgruppe.

Bereits im Vorfeld der Feierlichkeiten berichteten die beiden Rosenheimer Tageszeitungen in Wort und Bild von der "alten Garde", die am 18. April 1920 auf Initiative des Regierungsrats Theodor Lauböck in Rosenheim die erste nationalsozialistische Ortsgruppe außerhalb Münchens gegründet hatte.
Hitler selbst war im Gründungsjahr viele Male in Rosenheim als Redner aufgetreten, doch in den Programmen zur Jubiläumsveranstaltung war zunächst als Hauptredner nur der Gauleiter von München-Oberbayern, Adolf Wagner, aufgeführt. Eine heraldische Rose, aus deren Blüte ein Hakenkreuz wächst, zierte als Festtagsanstecker die Kleidung der Rosenheimer Bürger, als sie am Abend des 10. August vor dem Hotel "Deutscher Kaiser" den für 23 Uhr festgelegten Aufmarsch der Parteiformationen zum großen Zapfenstreich erwarteten.
Währenddessen sprach der stellvertretende Gauleiter Otto Nippold im Hofbräusaal anlässlich der dort abgehaltenen Feierstunde. Allerdings hatten hier nur Parteigenossen und "Mitkämpfer" Zutritt. Ein vom Reichsarbeitsdienst dargebotenes Festspiel beschloss die Veranstaltung.

Die eigentlichen Feierlichkeiten fanden jedoch erst am nächsten Tag statt: In der mit Hakenkreuzfahnen beflaggten Stadt formierte sich nach dem "Großen Wecken" durch die SS um 7 Uhr in der Chiemseestraße ein Zug aus allen örtlichen NS-Organisationen. Ziel des Marsches war das Kriegerdenkmal auf der Loretowiese, wo eine Heldenehrung zelebriert wurde. Parallel zur Ortsgruppen-Gründungsfeier fand gegen 11 Uhr in Anwesenheit von Oberbürgermeister Georg Zahler und Rechtsrat Erich Holper auch die Grundsteinlegung zum Neubau der Städtischen Galerie statt. Die von Karl Göpfert gestiftete Grundsteinkassette enthielt neben Bildern von Hitler und Göring auch die Festmünze und die Festschrift zum Ortsgruppen-Jubiläum.
Nach der Mittagspause wurde wieder marschiert: Ein "Propagandazug der Dreitausend" marschierte über die Prinzregenten- und Küpferlingstraße in Sechserreihen zum Max-Josefs-Platz, voran die "alten Kämpfer" der 10. Hundertschaft der SA.

Mittlerweile hatte sich unter der versammelten Menge herumgesprochen, dass Hitler selbst in Rosenheim erwartet wurde. Um 15.40 Uhr schließlich näherte sich von der Königstraße eine Wagenkolonne. Pathetisch schilderte das Rosenheimer Tagblatt Hitlers Ankunft im Hofbräusaal:
"Mit einem Mal ist der ganze Saal verwandelt. Die Männer in den braunen Uniformen stehen auf. Sie klettern auf die Stühle. Mit Mühe hält man eine Gasse frei zwischen den Wartenden (...) und nun, gefolgt vom Gauleiter, nun kommt der Führer selbst! Der Führer hat seine getreue Ortsgruppe nicht vergessen! Der Führer ist nach Rosenheim gekommen!"

Auf dem mit 10.000 Menschen gefüllten Max-Josefs-Platz wiederholten sich die Szenen: begeisterte Massen, kleine Mädchen mit Blumensträußen. Hitler betrat die Tribüne und hielt eine die Leute begeisternde Rede von der "Kampfzeit der Bewegung" und seinen ersten Besuchen in Rosenheim.
Sein unangekündigter, als plötzliches Erscheinen inszenierter Auftritt in Rosenheim sollte Spontaneität suggerieren und Hitlers Verbundenheit mit den alten Kampfgenossen der Innstadt unterstreichen. Politisch geschickt konnte sich Hitler angeblich noch an jeden Einzelnen der "Alten Garde" erinnern, mit der er sich nach Ende der Feierlichkeiten leutselig ins Hakenkreuzstüberl des Flötzinger Löchl setzte und die alten Erinnerungen aufleben ließ. Noch Tage nach Hitlers Besuch in Rosenheim waren die lokalen Zeitungen voll von Artikeln und Fotos des "großen Ereignisses".

Zeitzeuge