Die Gründung des Wirtschaftlichen Verbandes

Ein kleiner Kreis von engagierten Rosenheimer Bürgern beschloss Ende der zwanziger Jahre, einen Verein zur Förderung des wirtschaftlichen Lebens in Rosenheim zu gründen.
Nach dem ersten Weltkrieg, der Inflation, der Weltwirtschaftskrise und der großen Arbeitslosigkeit lebte ein großer Teil der Rosenheimer Bürger in verarmten Verhältnissen. Stadtrat und Stadtverwaltung allein schienen die örtliche Wirtschaft nicht entsprechend ankurbeln zu können, ein Aufschwung war nicht in Sicht. Gründungsanlass war die Weigerung des Stadtrats, nach dem großen Defizit des Volksfests 1928 ein weiteres Volksfest aufzuziehen.

So lud zu Beginn des Jahres 1930 der Vorsitzende des Verkehrsvereins, Rechtsanwalt Karl Hauch die Mitglieder zu einer Beratung ein, ob sich die Einführung einer jährlichen "Herbstdult" zur Hebung des Geschäftslebens lohnen würde. Man einigte sich darauf, keine Dult aufzuziehen, sondern die Veranstaltung als "Chiemgauer Herbstfest" zu bezeichnen.
Um ein derartiges Fest unter Mitwirkung zahlreicher Vereine und Schausteller durchzuführen, mussten Sicherheiten gewährleistet werden. So gründete der Verkehrsverein am 13. März 1930 einen eigenen Ausschuss, den "Wirtschaftlichen Verband". Zum ersten Vorsitzenden wurde Rechtsanwalt Karl Hauch gewählt, sein Stellvertreter war der Schlossermeister Oskar Koch, Kassier wurde Kaufmann Leopold Maier und Schriftführer der Holzhändler Josef Heliel. Als Beisitzer unterschrieben Glasermeister Theodor Gietl, Hafnermeister und späterer Bankleiter Georg Gradl, Bootsbauer Johann Klepper, Dachdeckermeister Hermann Kunstmann, Bahnschaffner Ludwig Reiser und Kaufmann Karl Seifert die Gründungsurkunde und die Statuten.
Man schloss Verträge mit der Stadt, den Vereinen und 35 Schaustellern, die aus 52 Bewerbern ausgesucht worden waren. Statt eines Herbstfestes kam aber schließlich "nur" ein Trachtenfest am 18. August 1930 zustande, das für den Wirtschaftlichen Verband ein voller Erfolg wurde.

Grundsätzlich richtete der Verband sein Hauptaugenmerk auf die Gestaltung des Herbstfestes, das ab 1931 bis 1938 regelmäßig stattfand und bei dem eine Reihe von namhaften Rosenheimer Bürgern für die Organisation Hilfe leistete. Ab 1933 fand das Fest, das nun verbindlich Herbstfest hieß, immer kurz vor Beginn des Münchener Oktoberfestes statt.
Durch diesen Schachzug hoffte man, dass viele Festbesucher auch aus den Landkreisen um München zuerst nach Rosenheim kommen würden, und man in der Lage sein würde, gute Schausteller verpflichten zu können. Daneben bemühte sich der Verband aber auch - unter besonderem Einsatz des 1. Vorsitzenden Hauch - um die Einrichtung von 13 Privatomnibuslinien zur besseren, verkehrstechnischen Anbindung Rosenheims an das Umland.

Im Jahr 1939 stellte der Verband infolge des Kriegsausbruchs jede Tätigkeit ein. Am Kriegsende im Mai 1945 wurde der Verband dem Registergericht als aufgelöst gemeldet.
Wieder war es eine Initiative Rosenheimer Bürger, die den Verband am 13. Januar 1949 neu gründeten. Besonders hervorzuheben ist hier das Engagement von Rechtsanwalt Sigmund Adam, Friseurmeister Wilhelm Müller und Kaufmann Hans Senft. Der Verband erhielt nun den Namen "Wirtschaftlicher Verband der Stadt Rosenheim e.V." mit dem Zweck der Förderung wirtschaftlicher, kultureller und verkehrspolitischer Interessen der Stadt, was in der Satzung ausdrücklich festgelegt wurde. Rechtsanwalt Adam wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt. Unter seiner rührigen Leitung kam es im Mai 1949 zur 1 Südostmesse, außerdem auch zur Gründung zahlreicher Arbeitsausschüsse zum Beispiel für Verkehr, Kultur, Industrieschau und für das Herbstfest.

Unter den weiteren Vorsitzenden, ab 1964 Josef Braun, ab 1969 Josef Großmann und ab 1997 Alfons Döser, konnte der Verband auf eine immer breitere Basis gestellt werden. Straßenausbau auf der Loretowiese, Glückshafen, Christkindlmarkt, Fußgängerzone, Stadthalle sowie Kongreßzentrum sind nur einige Beispiele für die Tätigkeiten des Verbands.
Unter Josef Großmann wurde der Aufgabenbereich des Wirtschaftlichen Verbands auch auf den Landkreis ausgedehnt. Er schuf die Fremdenverkehrs-, Verkehrs- und Kulturausschüsse und integrierte 1971 die Faschingsgilde in den Verband. Seit seinen Anfängen entwickelte sich der Wirtschaftliche Verband zu einer für die Stadt Rosenheim unentbehrlichen Einrichtung.