Ausbruch des zweiten Weltkriegs

Als am 16. September 1939, zwei Wochen nach Beginn des Überfalls auf Polen, das Rosenheimer Pionierbataillon 7 im Verband mit Infanterieeinheiten die Festung Przemysl einnimmt, hat zu Hause in der Garnison des Bataillons in Rosenheim längst der Kriegsalltag Einzug gehalten.

Bereits fünf Tage vor Kriegsausbruch, am 28. August 1939, war als "eine Maßnahme der rechtzeitigen Vorsorge" die Bezugsscheinpflicht für lebenswichtige Verbrauchsgüter eingeführt worden. Demzufolge betraf die wöchentlich mögliche Ration pro Kopf an Fleischwaren 700 Gramm, an Zucker 280 Gramm, Kaffee 60 Gramm etc. Neben Lebensmittel waren auch Hausbrandkohle, Seife und Spinnstoffwaren nur mehr über Bezugsschein erhältlich.
Trotz der Mitteilung Oberbürgermeisters Gmelch im Rosenheimer Anzeiger, dass zu Beunruhigung kein Anlass bestehe und die Lebensmittelversorgung gesichert sei, kam es zu Angst- und Panikkäufen.
Aufrufe zu Luftschutzmaßnahmen und die Strafandrohung bei Hören von ausländischen Radiosendern ließen die Situation vor dem Hintergrund der Ereignisse in Polen zunehmend bedrohlich werden. Als am 1. September 1939 schließlich Hitlers Reichstagsrede aus den Volksempfängern tönte und die Wehrmacht den "aktiven Schutz des Reiches" übernahm, war die längst erwartete Eskalation der Lage eingetreten.

Der Zweite Weltkrieg hatte begonnen. Am 4. September rief der Oberbürgermeister die Rosenheimer Jugend dazu auf, sich in den Dienst des Vaterlands zu stellen, am 5. September wurden als Ersatz für die männlichen Postboten die ersten Frauen eingesetzt, der BDM (Bund Deutscher Mädel) führte Altmaterialsammlungen, Erntehilfseinsätze und Luftschutzkurse durch.
Die Freiwilligen-Meldungen für die Wehrmacht nahmen einen solchen Umfang an, dass "eine rechtzeitige Abfertigung nicht möglich war und die Dienststellen vorübergehend keine Meldungen mehr annehmen" konnten. Dass aber trotz des ständig propagierten Opferwillens die Stimmung in der Bevölkerung nicht immer die beste war, zeigt deutlich das Protokoll einer Besprechung vom 24. Oktober 1939 im Hotel "König Otto", bei der unter Leitung des stellvertretenden Gauleiters Otto Nippold die einzelnen NSDAP-Ortsgruppenleiter zur Abgabe eines kurzen Berichtes über die Situation im jeweiligen Ort aufgefordert wurden.
Auch wenn in Rosenheim die Stimmung im Hinblick auf den Krieg als "glänzend" bezeichnet wurde, so herrschte doch auf Grund der Maßnahmen der Behörden "Nörgelei"; "Pang bestehe praktisch nur aus Nörglern". Die Kritik der Leute richtete sich hauptsächlich auf die ungerecht gehandhabte beziehungsweise mangelnde Unterstützung von kinderreichen Familien und auf Engpässe und Fehler bei der Lebensmittelverteilung. Am "widerspenstigsten" aber zeigten sich die Bauern, die erst noch "zur Opferbereitschaft erzogen werden müssen". Beklagt wurde von der Landbevölkerung vor allem das Verbot der Hausbutterung, der kriegsbedingte Mangel an Arbeitskräften und die Ablieferung von Pferden für den Militäreinsatz.