Rosenheim um 1900 – Stadt und Architektur

Im Jahr 1900 war Rosenheim mit 14.000 Einwohnern nach München und Ingolstadt bereits die drittgrößte Stadt in Oberbayern. „Die Stadt ist derart im Aufblühen, daß dieselbe bei der letzten Volkszählung mit 26% Zunahme seit der vorigen Zählung sämtlichen deutschen Städten obenan steht", ist im Prospekt des 1897 eröffneten Hotels „Deutscher Kaiser" zu lesen.

Nach dem Bau der Saline 1810, dem Anschluss an die Eisenbahn 1857 und der Stadterhebung 1864 erlebte Rosenheim einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs andauerte. Die Stadt entwickelte sich während dieser Zeit von einem ländlich geprägten Marktflecken zum wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt eines großen Umlandes.

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert war überall in Europa mit ungekannten wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Veränderungen verbunden. Kunst- und kulturgeschichtlich markieren die Jahre um 1900 einen der wesentlichen Wendepunkte, die den Weg in die Moderne weisen. Das neuartige Stilbestreben in Kunst und Architektur, das in England als „Modern Style" und in Frankreich als „Art Nouveau" bekannt wurde, erhielt in Deutschland nach der ab 1896 in München erschienenen Zeitschrift „Jugend" den Namen „Jugendstil". München, das vor allem mit seinem Viertel Schwabing zur „Kunststadt" avancierte, wurde neben Darmstadt, Wien und Paris eines der tonangebenden Zentren des europäischen Jugendstils.

Aufgrund seiner Nähe zu München war Rosenheim von der Reformarchitektur um 1900 stark beeinflusst. In der Stadt am Inn entstanden zahlreiche Bauten, die vom Jugendstil und vor allem vom sogenannten Heimatstil geprägt waren.

Text: Karl Mair, Stadtheimatpfleger