Ehrenbürger Hans Ritter von Lex

Wenn er kein Bayer wäre, müßte er ein Preuße sein... Ein preußischer Bayer? Er nennt sich selber einen waschechten Bajuwaren", so schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einer Serie „Bonner Köpfe" und fährt fort: „Er liebt eine kräftige Schweins- und Kalbshaxe mit Knödel und einen Radi, er liebt die Weißwurscht und eine frische Maß Bier. Lex ist keiner, der zum Lachen in den Keller geht, und ein Schnadahüpfl kann er auch ganz gut singen". So fährt der Bericht noch länger fort, recht angetan von den menschlichen Zügen, die Hans Ritter von Lex nach Bonn mitgenommen hatte und die in der Bundeshauptstadt mittels weißblauer Atmosphäre fast ein wenig gelockerte Urlaubsstimmung aufkommen ließen. Hans Lex wurde am 27. Oktober 1893 in Rosenheim geboren. Als er das humanistische Gymnasium seiner Heimatstadt verließ, war seinen Spezis klar: Der landet einmal irgendwo ganz oben. Nachdem er zu den vier besten Abiturienten seines Jahrgangs in Bayern gehörte, erhielt er ein kostenloses Studium aus der königlichen Maximilianeumsstiftung, 1912 wandte Lex sich der Jurisprudenz zu. Für außerordentliche Tapferkeit bei der berüchtigten Sommeschlacht 1916 wurde er mit dem Militär-Max-Josefs-Orden ausgezeichnet und von König Ludwig II. in den persönlichen Adelsstand erhoben. Nach dem Kriege machte Ritter von Lex seine Staatsprüfung. Von 1923 bis 1927 wirkte er als Rosenheimer Bezirksamtmann, ein Amt, das heute mit Landrat bezeichnet wird. In dieser Zeit setzte sich Lex sehr für die Ansiedlung des Zementwerkes in Kiefersfelden und für die Talsperre Gfallermühle bei Oberaudorf ein. Anschaulich schildert eine im Schneider-Verlag erschienene Erzählung von Hans Ritter von Lex ein Milieubild der ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts.

„Das leuchtende Vorbild meiner Jugendzeit war wegen ihrer seelischen Stärke, ihrer persönlichen Anspruchslosigkeit und ihrer nie versagenden Opferbereitschaft meine Mutter. Als im Jahre 1909 mein lieber Vater, der Eisenbahnsekretär Johann Lex, im Alter von 49 Jahren allzufrüh verstarb, hinterließ er seiner Witwe mit ihren vier unmündigen Buben - ich als der älteste war noch keine sechzehn, der jüngste noch keine zwölf Jahre alt - eine Pension von 132 Mark. Es waren allerdings Goldmark. Außerdem hatte mein Vater die Mitgift meiner Mutter, die aus einer nicht unbegüterten, aber töchterreichen oberbayerischen Bauernfamilie stammte, in bayerischen Eisenbahn-Obligationen angelegt und mit keiner Hand angetastet. Nach seinem Tod faßte meine Mutter den kühnen Entschluß, mit ihrem Heiratsgut ein Wohnhaus für drei Familien zu bauen, dessen oberstes Stockwerk wir bezogen. Sie legte beim Haus auch noch einen großen Gemüsegarten und Obstgarten an, zu deren Bewirtschaftung sie uns Buben tüchtig mit heranzog. Gleichzeitig sorgte sie aber auch dafür, nicht ohne selbst Opfer zu bringen, daß wir auch nach dem Tod des Vaters die höheren Schulen in Rosenheim weiter besuchen konnten. In dieses stille Familienglück hat der Erste Weltkrieg mit grausamer Hand eingegriffen. Ich und mein zweitältester Bruder rückten in den ersten Kriegstagen freiwillig ein, die beiden anderen wurden später eingezogen. Meine drei Brüder fielen 1916, 1917 und 1918. Die Mutter hat in ihrer tiefen Religiosität diese schweren Schicksalsschläge in christlicher Demut ertragen." Nach weiteren Schicksalsschlägen konnte die Mutter wenigstens erleben, daß der letzte Lex-Sohn die erstrebte Verwaltungsjuristenlaufbahn einschlagen konnte. Und er wurde einer der höchsten Beamten, nämlich Staatssekretär im Bonner Innenministerium. Zweimal wurde seine Dienstzeit verlängert, so sehr wurde vor allem sein politisches Gespür und seine Leistung als „Arbeitstier" geschätzt. Der „Diplomat der Menschlichkeit" opferte seine Pensionsjahre und leistete viel Gutes als Präsident des Deutschen Roten Kreuzes. Am 15. September 1964 ernannte der Rosenheimer Stadtrat Hans Ritter von Lex zum Ehrenbürger.

Text von Helmut Braun aus der Broschüre "Die Ehrenbürger der Stadt Rosenheim", Hrsg. Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank Aktiengesellschaft, München, 1983.