Bruno Kreuter

Am 27. Juni 1938 starb in München Bruno Kreuter, dessen Amtszeit als rechtskundiger Erster Bürgermeister von Rosenheim mit den Eckdaten Revolution 1918/19 und Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 in eine für einen politischen Mandatsträger besonders schwierige Zeit fiel.

Am 19. April 1871 im böhmischen Leitmeritz geboren, studierte Bruno Kreuter nach Ableistung des Einjährigen-Militärdienstes beim Infanterie-Leibregiment in München Jura und arbeitete nach seiner Promotion bis 1914 als Syndicus bei der Firma Steinbeis. Im August 1914 rückte Kreuter als Hauptmann ein und war im letzten Kriegsjahr als Unterrichtsoffizier der 6. bayerischen Infanteriedivision an der Heimatfront zur Aufrechterhaltung der Kriegsbegeisterung wirksam.

Nach Kriegsende gehörte der pragmatische Monarchist Kreuter zu den Gründungsmitgliedern der Ortsgruppe Rosenheim der Bayerischen Volkspartei, war hier als Rechtsanwalt tätig, nahm als Mitglied der Einwohnerwehr an der Niederschlagung der Räterepublik in Kolbermoor teil, und wurde dort am 5. Mai 1919 Ortskommandant.

Nachdem der im Zuge der Gemeindewahlen vom 15. Juni 1919 von der Bevölkerung als Kandidat der Bürgerlichen Wirtschaftsvereinigung zum Bürgermeister gewählte Georg Knorr seine Wahl ablehnte, bestellte die bürgerliche Stadtratsfraktion am 29. Juni Bruno Kreuter zum geschäftsführenden Zweiten Bürgermeister.

Am 14. Dezember wurde Kreuter ins Amt des rechtskundigen Ersten Bürgermeisters gewählt, das er am 1. Januar 1920 antrat. Seine Amtszeit war überschattet von Kriegsfolgelasten wie Geldentwertung und Geldknappheit, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit sowie insbesondere von den den städtischen Etat immer mehr, belastenden kommunalen Fürsorgeleistungen.

Von den „Goldenen Zwanzigern" war wenig zu spüren. Trotzdem konnte Bürgermeister Kreuter in Zusammenarbeit mit den 1919 und 1924 gewählten Stadträten die Entwicklung Rosenheims vorantreiben: Hochwasserschutzbauten am Inn, Pflasterung der Innstraße, Weiterführung und Ausbau bereits bestehender Straßenzüge, Erweiterung des Kanalisations- und Wasserversorgungsnetzes, Modernisierung, Aus- und Umbau von Krankenhaus, E-Werk, Gaswerk und Schlachthof, Errichtung der Viehhalle und - soweit möglichem - städtischen Wohnungsbau, verbesserten die Lebensqualität in Rosenheim.

Daneben wurden während der Amtszeit von Bruno Kreuter die Real- zur Oberrealschule ausgebaut, das Holztechnikum gegründet, das Kriegerdenkmal auf der Loretowiese errichtet, der Rathaussaal umgebaut und der Riedergarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Beendet wurde Kreuters Tätigkeit als Bürgermeister durch den Konkurs des Rosenheimer Kleinhausbauvereins 1929. Die Bürgerliche Wirtschaftspartei hatte Bruno Kreuter unter Beachtung jeweils persönlicher Interessen, diesem Verein im Stadtrat gegen die Stimmen des Bürgermeisters, seiner Referenten und der Linksparteien ein Darlehen von 188.000 Mark verschafft, und stempelte jetzt Kreuter zum Sündenbock für den Verlust dieser Gelder. Nachdem sein Dienstvertrag regulär am 31. Dezember 1929 auslief, schrieb der Stadtrat im Sommer 1929 die Position des Rosenheimer Bürgermeisters neu aus. Obwohl sich die oppositionelle SPD-Fraktion für eine Wiederwahl Kreuters ausgesprochen hatte, wurde er von seinen Parteifreunden fallengelassen und kam bei der Wahl im Stadtrat am 30. August mit nur fünf Stimmen nicht einmal in die Stichwahl. Sein Nachfolger wurde der bisherige Forchheimer Bürgermeister Dr. Hans Knorr, der sich im zweiten Wahlgang gegen den Rosenheimer Rechtsrat Weinberger durchsetzte. Der Rosenheimer Anzeiger sprach damals von einem schnöden Verhalten der den beiden bürgerlich-konservativen Fraktionen angehörenden Stadträte, das Bürgermeister Dr. Bruno Kreuter wegen seiner Verdienste um Rosenheim in einer besonders schwierigen Zeit nicht gerecht geworden sei.

Walter Leicht (Oberbayerisches Volksblatt 27. Juni 1988)